Was gibt es Neues zu Citicolin bzw. Cholin?

Ein langes Leben voller Gesundheit ist ein großer Wunsch vieler Menschen. Leider nehmen mit zunehmendem Alter auch die Erkrankungen immer mehr zu. Besonders psychische Krankheiten, wie Demenz oder Alzheimer sind in den letzten Jahren immer häufiger geworden. Ein Vitalstoff, welcher angeblich das Fortschreiten neurodegenerativer Erkrankungen verlangsamen soll, ist Cholin. Was ist dran an den Behauptungen und wie sehen die Ergebnisse verschiedener Studien genau aus? Wir haben den momentanen Wissensstand einmal für euch zusammengefasst.
Was ist Cholin bzw. Citicolin nochmal genau?
Cholin wurde anfangs als Vitamin B4 bezeichnet und zum B-Komplex gezählt. Es wird zwar immer noch mit den B-Vitaminen verglichen, man weiß jedoch heute, dass es sich um ein Vitaminoid (vitaminähnliche Substanz) handelt. Neben der Aufnahme durch die Nahrung wird Cholin auch vom Körper gebildet. Jedoch ist die selbstgebildete Menge oftmals nicht ausreichend für die gewünschte Wirkung im Körper.
Daher gilt der Verzehr cholinhaltiger Lebensmittel für den Körper als essenziell. Besonders in Phasen, die eine Herausforderung darstellen, wie z.B. Wachstumsschübe oder Krankheiten, ist zumindest eine ausreichende und teilweise höhere Aufnahme von Cholin sehr wichtig.
Das oftmals in Nahrungsergänzungsmitteln enthaltene Citicolin wird direkt nach Aufnahme vom Körper in Cholin und Cytidin aufgespalten. So steht das benötigte Cholin dem Metabolismus zur Verfügung.
Zudem ist auch Citicolin ein im menschlichen Körper natürlich vorkommender Nährstoff. Es stellt eine Zwischenstufe für die Synthese von Phospholipiden in der grauen Substanz des Gehirns dar.
Mehr Informationen zu Cholin, Citicolin und deren verschiedene Wirkungen findet ihr hier.
Was sind neurodegenerative Erkrankungen und was ist Demenz bzw. Alzheimer?
Bei neurodegenerativen Erkrankungen kommt es zu einem fortschreitenden Verlust von Nervenzellen und Zellfunktionen im Gehirn des Menschen.
Dazu gehören auch Demenz bzw. Alzheimer. Es handelt sich bei beiden um eine langsam fortschreitende Hirnerkrankung, wo Nervenzellen im Gehirn absterben und es dadurch zu Gedächtnisverlust und Konzentrationsstörungen kommt. Alzheimer ist dabei die häufigste Form von Demenz. In Deutschland allein leben mehr als eine Million Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Davon leiden 60% an Alzheimer-Demenz, während bei ca. 20% eine Mischform diagnostiziert wurde.
Bei den meisten Menschen tritt die Krankheit nach dem 65. Lebensjahr auf und nimmt dann kontinuierlich zu. Nur bei ca. 1% der an Alzheimer-erkrankten Menschen ist sie auf einen Gendefekt zurückzuführen. In diesem Fall tritt die Krankheit früher, zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf.
Wie kann es zu der Erkrankung kommen?
Wie schon gesagt, sterben bei erkrankten Menschen nach und nach Nervenzellen und die jeweiligen Verbindungen untereinander ab. Die Erkrankung beginnt meist im sogenannten Riechhirn und geht dann auf andere Areale des Gehirns über. Ein Teil, der meist sehr früh von dem Zelluntergang betroffen ist, ist der Meynert-Basalkern. In diesem Teil des Hirns wird der Botenstoff Acetylcholin gebildet, wodurch es zu einem großen Mangel an Aceylcholin im Gehirn kommt. Acetylcholin ist einer der wichtigsten Botenstoffe zwischen den Nervenzellen und bei der Weiterleitung zu anderen Zellen.
Zudem werden verschiedene Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn gebildet, wobei der Grund bis heute unklar ist (1,2). Neben den Tau-Fibrillen wird auch das sogenannte Beta-Amyloid gebildet. Dabei handelt es sich um harte und unauflösliche Plaques aus Eiweißen und Kohlenhydraten, welche sich zu einem uneinheitlichen Komplex formiert haben (1, 2). Normalerweise werden sie von verschiedenen Stoffen im Gehirn, u.a. Cholin abgebaut. Bei Patienten mit einer Alzheimer funktioniert dieser Vorgang jedoch nicht mehr. Daher sammeln sich die Plaques zwischen den Nervenzellen und in Blutgefäßen an, wodurch es zu einer Beeinträchtigung der Sauerstoff- und Energieversorgung des Gehirns kommen kann (1).
Der genaue Mechanismus bei der Entstehung der Krankheit ist jedoch bis heute nicht bekannt. Klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass es in den Gehirnen von Alzheimer-Patient:innen zu einem geringeren Gehalt an Acetylcholin und einer Anreicherung mit Plaques kommt (1). Welche Rolle der Mangel und welche die Plaques dabei spielen, konnte jedoch bis heute noch nicht geklärt werden. Einigkeit herrscht nur bei der These, dass es dadurch wahrscheinlich zu einer Blockierung der Kommunikation zwischen den einzelnen Nervenzellen kommt (1-5).
Was kann gegen die Erkrankung helfen?
Bis heute gib es leider noch kein Medikament und keine Lebensstilmodifikation, welche Alzheimer aufhalten oder heilen können. Es gibt jedoch einige Medikamente und nicht-medikamentöse Therapiemaßnahmen, welche die Beschwerden lindern und dadurch bei der längst möglichen selbstständigen Bewältigung des Alltags helfen können (8).
Ein Vitalstoff, welcher schon seit längerer Zeit den Blickpunkt der Forschung eingenommen hat, ist Citicolin. Schon heute ist Citicolin bei vielen Menschen als Nahrungsergänzungsmittel für eine optimale Gedächtnisleistung und Konzentration oder zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Cholin-Spiegels sehr beliebt, obwohl hierzu noch keine offiziellen Claims von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verabschiedet worden sind (7).
Wie könnte Citicolin bei Alzheimer wirken?
Sowohl Studien wie auch Untersuchungen bei Alzheimer-Patienten sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Erkrankte oftmals erniedrigte Cholinkonzentrationen im Gehirn aufweisen. Ein Mangel an Cholin führt nicht nur zu einer verminderten Bildung des Neurotransmitters Acetylcholin, sondern auch zu Beeinträchtigungen der Membranstruktur und zu einem Abbau von Eiweißen zu Amyloid. Alle drei pathologischen Merkmale konnten in den Gehirnen von Alzheimer-Patient:innen nachgewiesen werden. Ob der Cholin-Mangel einen Grund für die Erkrankung darstellen kann oder der Mangel erst durch die Erkrankung entstanden ist, konnte bis heute noch nicht ausreichend geklärt werden (1, 3, 5).
Desweiteren blockiert Cholin die Produktion von Amyloid-Beta-Plaques, welche nach neuesten Erkenntnissen eine der Hauptursachen für die Alzheimer-Demenz darstellen könnten (2, 3).
Viele Studien haben positive Ergebnisse zu dem Verzehr von Cholin und der Verringerung des Risikos, an Alzheimer-Demenz zu erkranken, hervorgebracht. Jedoch sollten diese Studien mit Vorsicht betrachtet werden, da die Aussagekraft eingeschränkt sein kann. Die Studienpopulationen waren oftmals sehr klein und die verzehrten Cholin-Mengen höher als die durchschnittliche Verzehrsmenge der Bevölkerung. Auch können bei Studien mit Nährstoffen aus Nahrungsmitteln die Wechselwirkungen mit anderen Inhaltsstoffen nicht vermieden werden und können daher eine Rolle spielen (1, 5).
Neben den positiven Effekten von Cholin auf den Acetylcholinspiegel und die Reduzierung von Amyloid-Plaques, haben weitere Studien gezeigt, dass eine lebenslange Supplementierung die Mikroglia (Mesoglia) im Gehirn eindämmen kann (4). Bei Mikroglia handelt es sich um die Immunzellen im Gehirn, die dieses vor Ablagerungen schützen. Generell halten sie also das Gehirn gesund, jedoch kann es andererseits bei einer chronischen Aktivierung der Mikroglia zum Absterben von Nervenzellen kommen (2, 4). Das Absterben von Nerven ist wie schon genannt ein Hauptsymptom der Alzheimer-Demenz.
Eine Überaktivierung von Mikroglia kommt nicht nur bei der Alzheimer-Demenz, sondern auch noch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen, wie Multiple Sklerose oder Parkinson vor (2, 4).
In einer Studie von Professor Tobias Hartmann von der Universität Saarlandes erhielten Proband:innen ein Nährstoffgemisch aus essenziellen Fettsäuren (Docohexaensäure und Eicosapentaensäure), den Vitaminen B12, B6, C, E und Folsäure und andere Nährstoffe, wie Cholin, Uridinmonophosphat und Selen. Über einen Zeitraum von zwei Jahren nahmen insgesamt 311 Patient:innen an der Studie teil. Alle Proband:innen hatten zu Beginn eine leichte Form von Alzheimer, aber noch keine Alzheimer-Demenz und wurden in eine Nährstoff- und eine Kontroll-Gruppe eingeteilt. Am Ende der beiden Jahre konnte anhand der klinischen Einschätzung des Schweregrades der Demenz festgestellt werden, dass bei der Nährstoffgruppe eine um 45 Prozent geringere Verschlechterung der Demenz bestand. Zudem wurde ein MRT durchgeführt, bei welchem erkennbar war, dass die Schrumpfung des Gewebes z.B. im Hippocampus bei der Nährstoffgruppe um 26 Prozent geringer war (6).
Die Alzheimer-Demenz konnte dadurch zwar nicht geheilt, aber zumindest verzögert werden. Diese Ergebnisse liefern eine positive Aussicht, dass Nährstoffe aus uns verfügbaren Lebensmitteln und insbesondere Antioxidantien, Vitalstoffe, und Methylgruppendonatoren, wie die B-Vitamine die Entstehung und den Verlauf von Alzheimer und auch anderen neurodegenerativen Erkrankungen verzögern könnten.
Wie viel Cholin sollte ich aufnehmen, um eine Wirkung zu erhalten?
Die als angemessen geltende Aufnahmemenge liegt derzeit bei 425 mg pro Tag für Frauen und 550 mg pro Tag für Männer. Dabei wurde jedoch in Studien festgestellt, dass diese Mengen möglicherweise nicht optimal sind und eine höhere Verzehrsempfehlung angestrebt werden sollte (4).
Die maximale Höchstaufnahme von Cholin liegt bei 3500 mg pro Tag (4). Daher ist die Spannweite recht groß und es sollte ohne Probleme mehr Cholin verzehrt werden können. Der Verzehr von Cholin ist natürlich sehr individuell und kann daher sehr schwanken. Es liegt daher im eigenen Ermessen, wie viel Cholin bzw. Citicolin verzehrt werden sollte und es sollte immer Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt gehalten werden (8).
Auch wenn Alzheimer-Demenz bis jetzt noch nicht geheilt oder behandelt werden kann, sehen die Ergebnisse verschiedener Studien sehr vielversprechend aus. Größtenteils wurden die meisten Erkenntnisse, die wir heute über die Erkrankung wissen erst in den letzten beiden Jahrzehnten gewonnen und es scheint so, als wäre die Forschung auch in diesem Jahrzehnt daran interessiert uns interessante neue Ergebnisse zu liefern (3).
Sobald es auf diesem Gebiet etwas Neues gibt, berichten wir natürlich hier in unserem Blog darüber.
Quellen:
(1) Bekdash RA 2019. Neuroprotective Effects of Choline and Other Methyl Donors. Nutrients; 11, 2995.
(2) Velazquez R et. al. 2020. Choline as a prevention for Alzheimer’s disease. Aging; 12 (3).
(3) Freedman R et. al. 2020. Maternal choline and respiratory coronavirus effects on fetal brain development. Journal of Psychiatric Research; 128: 1-4.
(4) Velazquez R et. al. 2019. Lifelong choline supplementation ameliorates Alzheimer’s disease pathology and associated cognitive deficits by attenuating microglia activation. Aging Cell; 18: e13037.
(5) Blusztajn JK et. al. 2017. Neuroprotective Actions of Dietary Choline. Nutrients; 9 (8): 815.
(6) Soininen H et. al. 2017. 24-month intervention with a specific multinutrient in people with prodromal Alzheimer’s disease (LipiDiDiet). Lancet Neurol; 16: 965-975.
(7) Elmadfa I, Leitzmann C. Ernährung des Menschen. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart; 2004; 4. Korrigierte und aktualisierte Auflage.
(8) Kasper H. Ernährungsmedizin und Diätetik. Urban & Fischer Verlag; Elsevier GmbH, München 2004.
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